Februar 2025 – Irak - nichts für Warmduscher

„Die Weltkugel liegt vor ihm offen. Wer nichts waget, der darf nichts hoffen“

Friedrich Schiller, Wallenstein, Ende des 18. Jahrhundert

Nun also kommt der wohl schwierigste Teil unserer Reise, einmal komplett durch den Irak, in die Türkei. Die Nacht haben wir unmittelbar vor der Grenze verbracht, war ganz ok, um am nächsten Morgen frisch und ausgeruht direkt um 08:00 Uhr zu starten. Das Bordercrossing Jordanien-Irak ist erwartet anstrengend, aber die guten Tipps von Spooners on Tour waren für uns aber sehr hilfreich. Danke, liebe Rania und Daniel.

„Ausreise Jordanien 🇯🇴 

An der jordanischen Grenze sind wir um 8:24 Uhr angekommen. Der gesamte Vorgang verlief relativ schnell und dauerte etwa eine Stunde. Wir haben insgesamt 45 JD (nur Barzahlung) für die Ausreise gezahlt – 10 JD pro Person und 25 JD für das Auto. Kurz zusammengefasst: Zuerst wird das Auto erfasst, man erhält einen gelben Zettel und muss den blauen Zettel, den man bei der Einreise bekommen hat, abgeben. Danach wird das Auto kontrolliert und der gelbe Zettel im Häuschen in der Mitte gestempelt. Anschließend geht man zum Customs Office, das ganz links im Gebäude liegt. Dort bezahlt man die Exit Fee und erhält einen weißen Beleg für das Auto, zwei kleine Belege für die Personen und das CDP wird gestempelt. Mit diesen Unterlagen geht man ins rechte Gebäude zur Emigration, wo die Pässe gestempelt und der gelbe Zettel ebenfalls gestempelt wird. Danach muss man noch einmal zurück zu Customs, um den gelben Zettel abzugeben. Dort wird der weiße Zettel fürs Auto gestempelt, und man kann schließlich zum Gate fahren. 

Einreise Irak 🇮🇶

Direkt hinter der Schranke befindet sich auf der rechten Seite ein kleines Häuschen. Dort geht man mit seinem CDP, dem Pass des Fahrers und dem Fahrzeugschein hin. Das Auto wird erfasst, und man erhält einen weißen Zettel, auf dem alle Informationen zum Auto auf Arabisch stehen, sowie einen Stempel und eine Unterschrift. Auf der gegenüberliegenden Seite, also links von der Schranke, geht man mit beiden Pässen (Fahrer und Beifahrer) hin. Dort wird man in ein Buch eingetragen. Danach geht’s zur Röntgenkontrolle (X-Ray) - Frau Bollinger war allerdings zu hoch, daher durften wir vorbeifahren. Als Nächstes kommt man unter einer großen Markise an, wo sich auf der linken Seite ein großes Gebäude befindet. Das Auto wird kontrolliert. Bei uns wurde nur kurz reingeschaut und ein Hund war kurz drin. Wir wurden zudem gefragt, ob wir Alkohol dabeihaben (was wir verneinten). Danach fährt man weiter bis zum Ende der Straße, vorbei an etlichen Geschäften, an der man rechts ein weiteres großes braunes Gebäude sieht. Dort geht man hinein, geht geradeaus und biegt links ab. Im vorletzten Büro auf der linken Seite gibt man seinen CDP, den Pass des Fahrers und den Führerschein ab. Alles wird erfasst, und man bekommt einen gelben Laufzettel sowie jemanden zur Seite, der ab jetzt alle Formalitäten mit einem regelt. Was bedeutet, die richtigen Personen zu finden, um Stempel zu sammeln. Es beginnt also die Lauferei: Wir gingen zurück zu dem Gebäude, wo das Auto kontrolliert wurde. Hier mussten wir in verschiedene Räume, um sämtliche Zettel abstempeln zu lassen. Ohne die Hilfe des Mitarbeiters hätten wir das nie alleine geschafft. Anschließend geht man wieder aus dem Gebäude und geht zu weiteren Büros, unter anderem, um die Autoversicherung abzuschließen. In unserem Fall kostete diese 35 $ - nur in Bar. Danach muss man wieder ins ursprüngliche Gebäude zurück, wo der Laufzettel erhalten wurde, um einige Stempel zu sammeln und das CDP zu stempeln. Zu guter Letzt gingen wir noch zum Chef des Customs-Büros, der das Ganze auch noch einmal abstempelte. Danach ging es zum Copyshop, der sich in einem der Geschäfte befand. Dort erhielten wir drei Kopien von allen Dokumenten, von denen wir zwei mitnahmen Gezahlt haben wir 5000 Dinar. Dann ging es wieder zurück in das Gebäude, in dem das Auto kontrolliert wurde, und man ging zur linken Seite des Gebäudes, um das Visa zu bekommen. Für beide Visa zusammen haben wir 213.000 Dinar bezahlt, das ging nur mit Kreditkarte, plus eine Bearbeitungsgebühr von 2.100 Dinar. Sobald das Visa in den Pass eingeklebt wurde, ging man aus dem Gebäude und gab die zwei gesammelten Kopien, die man im Copyshop erhalten hatte, ab. In diesem Büro wurden die Stempel in den Pass gesetzt – der Fahrer erhält zwei Stempel, der Beifahrer nur einen. Zusätzlich wurde noch ein Foto gemacht. Dann ging es weiter zum Gebäude nebenan, um einen sogenannten Exit Gate Pass zu bekommen. Das ist ein kleiner weißer Zettel, der ebenfalls abgestempelt wird. Sobald man diesen hat, fährt man zum Gate. Kurz davor wird man nochmals angehalten und muss alle gesammelten Papiere abgeben. Wir warteten draußen etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde, ohne zu wissen, was mit den Papieren passiert. Schließlich wurden sie uns zurückgegeben, und wir konnten zum Gate fahren. Dort gab man alle Papiere ab, inklusive des Exit Gate Passes. Man erhält dann alle Dokumente zurück, außer dem Exit Gate Pass, und kann schließlich weiterfahren. Circa 4,5 Stunden später & etlichen Gläsern Tee, Kaffee und Datteln, sind wir zum 2x auf dieser Reise im Irak eingereist.“

Es ist eine undurchsichtige Jagd nach Unterschriften und Stempeln, viel sinnlose Rennerei von einem Büro zum nächsten, in verschiedenen Gebäuden, und das mehrmals hin und zurück. Aber es ist alles machbar und relativ freundlich. Meine 10000 Schritte pro Tag habe ich hier jedenfalls geschafft…

Bei der Ausreise aus Jordanien müssen 45JOD (ca. 55€) Exit Fee bezahlt werden, nur bar. 10 pro Person und 25 für das Fahrzeug. Visa für Irak gibt es VOA, kostet 107.610 Dinar (ca 71€) pro Person, inkl. der Bearbeitungsgebühr, und wird per Kreditkarte bezahlt.  Dazu kommen diverse Gebühren für Kopien und die obligatorische Versicherung. 

Für Nelly und irgendwelche Zertifikate hat sich hier niemand interessiert.

Tipp: Auf dem Grenzgelände gibt es ein paar kleine Läden, in einem haben wir Geld getauscht zu einem normalen Kurs. Damit konnten wir die  Versicherung bezahlen. Und im Irak kann oft nur Cash bezahlt werden. 

Wir sind um 13.00 Uhr fertig und gehen optimistisch die Fahrt Richtung Bagdad an. Das geht nur mit Militäreskorte, das wissen wir. Was wir hier noch nicht wissen, dass wir bis Bagdad durchfahren müssen, 570km… Eine Übernachtung während der Strecke ist nicht erlaubt. Wir hören nur immer wieder „No sleep!!! Go!!! Go!!! Go!!!“ Das wurde eine harte Nummer. 

Zwar klappt die Eskorte reibungslos, man wird alle paar Kilometer von einer an die nächste weitergegeben. Unsere Pässe hat meistens die Eskorte. Die Militärs sind überwiegend freundlich, bieten uns Tee und Brot an, und machen einfach ihren Job. Aber es wird spät und stockdunkel und zieht sich. Um 02.00 kommen wir schließlich in Bagdad im Vorort Abu Ghraib (!) an und dürfen nun allein weiterfahren.  Na toll…

Schild

 Es ist früher Nachmittag. Noch sind wir guter Dinge und wollen nur noch einige Kilometer schaffen...

Eskorte1

 Es geht los, unsere erste Eskorte...

Eskorte2

 ... eine weitere von unzähligen Eskorten. Hier scheint irgend etwas auf unserem Weg nicht in Ordnung zu sein. Die Gegend ist, bis auf die Militärs, menschenleer...

Eskorte3

 Alle paar Kilometer heißt es: Warten, Pässe weitergeben (Aufpassen!), weiterfahren

Eskorte Nacht

"No sleep! Go! Go! Go! 

Tipp: wenn es möglich ist am besten in oder direkt nach der Grenze übernachten und am nächsten Morgen die Konvoifahrt starten. 

In iOverlander finden wir einen nicht allzu weit entfernten Campingplatz. Das ist offensichtlich ein Wasserwerk und natürlich nachts verschlossen. Die Gegend ist eher eine Industrial Zone und sieht wirklich wild aus. Ein irakischer LKW hatte sich im Schlamm festgefahren und er war heilfroh, dass wir ihn rausziehen können, so mitten in der Nacht. Irgendwie finden wir dann irgendeinen Platz zum Parken und stellen uns einfach hin. Bis nach Bagdad hineinzufahren haben wir keine Energie mehr, zumal wir wussten, dass der bekannte sichere Stellplatz am Palmengarten (Palms of Baghdad) ab Mitternacht verschlossen ist. Todmüde legen wir uns schlafen, und erwarten fast, dass wieder irgendjemand käme uns und wegjagen würde. Aber es bleibt ruhig und wir unbehelligt.

Am nächsten Morgen liegt über der Stadt eine dichte Glocke Smog und ein unsäglicher Geruch nach Petroleum und Müll. Wir hatten schon vorher beschlossen auf sightseeing weitgehend zu verzichten und zügig durchzufahren, darin werden wir nun bestärkt. Nichts wie weg hier…

Also geht es ohne Umwege weiter Richtung Mossul. Alle paar Kilometer gibt es Checkpoints. Jedes Mal heißt es „Passport“ und wirklich jedes Mal wird in das Auto geschaut. Oft ziemlich übergriffig. Z.B. wurde im Bett herumgewühlt, in das Portemonnaie geschaut, im Handy geschaut… Wir fanden das sehr unangenehm. Aber halt nicht zu ändern… So zieht es sich wieder, und wir müssen uns wieder einen Nachtplatz suchen. Das ist nicht einfach, denn wirklich überall ist Polizei oder Militär, in deren Nähe man nicht stehen darf. Direkt neben einer Tankstelle dürfen wir dann stehen. Hier erleben wir sogar einen der seltenen freundlichen Momente im Irak, als ein Einheimischer uns freundlich willkommen heißt und uns Orangen und Äpfel schenkt.

Tipp: alle Stellplätze in iOverlander sind mit Vorsicht zu genießen. Entweder gibt es sie nicht oder man darf dort nicht stehen. Immer fragen, am besten Polizei, ob man hier stehen darf.

Tigris

 Wir fahren in Bagdad über den Tigris, immerhin

Checkpoint

 Keine Eskorte mehr, dafür alle paar Minuten ein Checkpoint, mehr oder weniger freundlich.

Markt

Die Locals, wenn wir denn welche sehen, winken uns freundlich. Hier fahren wir an einem Markt vorbei, vorn gibt es Fisch, direkt dahinter türmt sich stinkender Müll 

Mull

 Wir haben noch nie so viel und so stinkenden Müll gesehen. Und überall stinkt es nach Petroleum...

IMG 5330 2

 ... immer wieder kommen wir an zerschossenen Häusern und ausgebrannten Autos vorbei.

Kurdistan

Nur noch ein Checkpoint und dann heißt es: Willkommen in der autonomen Region Kurdistan. Wild ist es hier anfangs immer noch. 

Es ist nicht einfach im Irak Diesel zu kaufen. Der Grund ist, dass die (überwiegend) geschäftlichen LKW vor dem Tanken gescannt werden und die Rechnung dann direkt an die Firma geschickt wird. Natürlich gibt es Wege, an Diesel zu kommen, einfach fragen. Manchmal klappt es dann. 1 Liter kostet ca 500-700 Dinar (ca. 0,33 bis 0,45€). Allerdings ist die Qualität wirklich sehr schlecht.

Tipp: vorher in Jordanien rechtzeitig (in Ruwaished, besser noch vorher) volltanken. 

Am dritten Tag erreichen wir schließlich Mossul, dann Kurdistan und die Grenze zur Türkei. Eine vollkommen andere Welt sehen wir in diesem Teil des Landes. Moderne Städte, Straßen, nagelneue Firmengebäude, überall (zivile) Menschen. Alles ganz normal hier. Eine letzte Nacht verbringen wir wieder direkt vor der Grenze zur Türkei in der Nähe von Saxo.

Unser Fazit: Würden wir diesen Weg nochmal machen? Ziemlich sicher NEIN. Der Irak ist immer noch ein von Kriegen und Unruhen gezeichnetes Land. Immer wieder kamen wir an zerschossenen Gebäuden, kaputten Brücken und ausgebrannten Autos vorbei. Überall sind Checkpoints und in Sichtweite zueinander Militärposten. Wir haben das ehrlich unterschätzt. Der Irak ist kein Reiseland. Sightseeing fanden wir hier irgendwie nicht angebracht. Das ist unsere ganz persönliche Erfahrung. Andere empfinden es vielleicht anders. Wir haben von anderen Reisenden gehört, die unmittelbar nach uns durch den Irak gefahren sind, und die mitten in der Nacht überfallartig von schwer bewaffneten Leuten, die erst später als Militärs erkennbar weren, aus ihren Autos geworfen, festgehalten und stundenlang verhört wurden. Und natürlich gibt es viele Reisende, die sich im Irak z.B. Babylon und andere viele tolle Sachen angeschaut haben, in Bagdad in schicken Cafes ganz normal gesessen haben und von der tollen arabischen Gastfreundschaft der irakischen Menschen berichten.

Für uns hat das alles so gepasst, wie wir es gemacht haben. Wir haben es geschafft, sind gut durchgekommen und froh, morgen in die Türkei einzureisen.

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