Februar 2025 – Saudi-Arabien – Letzte Tage

„Reisen ist, entdecken, dass alle unrecht haben mit dem, was sie über andere Länder denken!

Aldous Huxley, britischer Schriftsteller und Humanist, 1894 bis 1963

So langsam sollten wir doch eigentlich genug haben von Sand, Steinen und Felsen. Oder? Keineswegs. Dieses unaufgeregte, ruhige Nomadenleben gefällt uns außerordentlich. Langweilig wird es uns nie. Wir stellen uns vor, wie das Land hier vor zig Tausend Jahren aussah, mit Seen, Flüssen, grünen Savannen voller Tiere. Vor Millionen Jahren vielleicht noch Meeresboden. Man kann die Spuren deutlich sehen. Die riesigen Canyons wurden von reißenden Wassern geformt. Mehrmals haben wir versteinerte Muscheln, Schnecken und dergleichen gefunden. Das Wasser verschwand, dann übernahmen Wind, Stürme und Regen, und formten diese unglaublichen Felsen. 

Canyon

 Wunderbare bizarre Canyons

Nachtplatz1

 Wirklich überall kann man ungehindert frei stehen und findet sagenhaft schöne Nachtplätze

Kamele

 Es geht über mehr oder weniger gute Pisten, nur sehr selten mit tierischem Gegenverkehr

Nachtplatz2

 Und wieder haben wir einen tollen Übernachtungsplatz...

Zeichnungen1

 ... beim Spaziergang am Abend entdecken wir wieder Felszeichnungen

Zeichnungen2

 

Drohne1

 Diese Weite macht süchtig

Immer noch sind wir im Stonyland. Wir sind unterwegs zu einem besonderen Highlight, welches wir wieder im Offroadbuch der Pistenkuh gefunden haben.

Nadeln im Sternenhimmel – Track SU-2

Eine geschobene arge Wellblechpiste führt in dieses interessante Gebiet hinein. Sie ist auch für Nichtoffroader geeignet. Fährt sich halt nur etwas unangenehm, das Wellblech. Nach wenigen Kilometern sieht man schon die ersten dieser wirklich bizarren „Nadeln“ – Schmale spitze Felsen, die tatsächlich wie Nadeln aus dem Sand heraus in den Himmel ragen. Besonders schön sehen sie in der Dämmerung aus und der nächtliche Sternenhimmel ist wieder einmal atemberaubend.

Nadeln Drohne1

 

Nadeln1

 

Nadeln2

 

Nadeln3

 

Nadeln4

 

Nadeln5

 

Nadeln6

 

Nadeln10

 

Nadeln11

 

Nadeln Superbildjpg

  

Es soll eines der schönsten Wadis überhaupt sein.

Wadi Disha

Leider nicht für uns. Wir dürfen nicht rein, jedenfalls nicht mit unserem Stony. Schade. Zwar könnten wir zu Fuß hinein, oder uns mit einem der – ziemlich klapperigen und teuren (!) – Landys, die die Locals hier für Touristen anbieten, fahren lassen. Aber beides reizt uns nicht wirklich.

Schon auf dem Weg zum Wadi sind wir, wahrscheinlich aus Versehen, über einen ziemlich steilen Pass gefahren, und haben die unglaublich hohen Felsenkathedralen in der Ferne bewundert. Das entschädigt ein wenig.

Wir können die Restriktionen schon verstehen. Es ist nicht leicht, die Balance zwischen zu viel Tourismus und Naturschutz zu finden. Und solch ein großer LKW wie wir ihn fahren, muss nun wirklich nicht unbedingt durch eines der letzten naturbelassenen Wasserläufe fahren. Obwohl wir leicht da durch gekommen wären…

Disha1

 Eigentlich haben wir uns verfahren und müssen über einen wirklich steilen Pass, werden aber mit grandiosen Felskathedralen belohnt

Disha2

In das Wadi dürfen wir leider nicht fahren, also parken wir davor 

Disha3

 

Nach so viel Sand wird es Zeit für eine kleine Pause am Meer. Es ist nicht so einfach, Stellplätze am Meer zu finden, noch dazu am Roten Meer. Es ist schon sommerlich warm mit über 30 Grad, auch nachts ist es kühl, aber nicht kalt. Eine richtig schöne kleine Stadt am Roten Meer ist 

Duba.

Hier verbringen wir ein paar schöne entspannte Tage, fast wie im Urlaub, füllen unsere Vorräte auf, bevor es weitergeht zu unserem nächsten Ziel, dem Hisma Plateau.

Um dorthin zu gelangen, verlassen wir Duba in nördlicher Richtung und fahren am Meer entlang. Direkt nach der Stadt beginnt die Baustelle, bzw. die Baustellen für das NEOM Projekt. Es ist gigantisch. Wir fahren an die 100 km entlang der Küste und sehen eine Großbaustelle nach der anderen. Hier entsteht moderne Infrastruktur, von Autobahnen, Flughafen, Hafen, Wasserspeicher, Energieversorgung, Internet, Städten, Hotels, und und und. 

All dem liegt ein Regierungsprogramm zugrunde, die 

Saudi Vision 2030.

 

 „Es wurde am 25. April 2016 von Prinz Mohammed bin Salman Al Saud, damals noch stellvertretender Kronprinz von Saudi-Arabien und Chairman des Board of Economic and Development Affairs, vorgestellt. 

Die Vision 2030 ist eine konkrete Zielvorgabe für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Saudi-Arabiens bis zum Jahr 2030. Daneben besteht der National Transformation Plan (NTP), der als Blaupause einen konkreteren Umsetzungsrahmen und Ziele für alle Ministerien definiert.“

Quelle: Wikipedia

Dutzende ambitionierte Projekte sollen nicht weniger als die Transformation zu einem noch moderneren lebenswerten Land erreichen. Eines dieser Projekte ist Neom.

Wir empfehlen ein wenig Internetrecherche zu diesen spannenden Themen. Und wir würden uns in Europa und speziell in Deutschland etwas mehr Mut und Vision wünschen…

https://www.vision2030.gov.sa/en

https://www.vision2030.gov.sa/media/qnxn3igg/vision-2030_story-of-transformation.pdf

https://www.neom.com/de-de

 

Schließlich biegen wir von der Küstenstraße ab, erreichen über einen recht steilen Pass das

Hisma Plateau 

und befinden uns ab jetzt auf ca. 1200 Metern Höhe. Hier wollen wir wieder einigen Tracks der Pistenkuh folgen, diese haben wir uns bis zum Ende hier in Saudi-Arabien aufgehoben.

Um es gleich vorweg zu sagen, alle Tracks schaffen wir nicht. Aber das, was wir fahren, ist absolut einmalig. Ganz großes Kino! Nach der quirligen Stadt Duba und den Neom Baustellen sind wir unvermittelt wieder drinnen in der Einsamkeit. Wir fahren zunächst zu mehreren angezeigten Wasserstellen, die alle irgendwie nicht funktionieren. Kurzerhand nimmt uns ein Arbeiter einer Palmenplantage mit auf das Grundstück und bastelt für uns einen Schlauch, so dass wir unseren Frischwassertank auffüllen können. Diesel und Lebensmittel haben wir bereits ausreichend an Bord, und so steigen wir ein in den

Track ST1 und ST2

Hier geht es zunächst zügig hinein in ein Felsenlabyrinth. Wieder geht die Nachtplatzsuche so: hierhin oder dahin? Wo ist es schöner? Ach nein, dort ist es noch schöner… Einfach überall ist es toll, kann und darf man frei stehen, ist keine Menschenseele. 

Die folgenden Sandpassagen und steinigen Pisten verlangen einiges von Fahrzeug und Fahrer. Ein Traum für unseren Stony und uns. Aber auch ohne 4x4 gibt es einige geschobene Pisten oder Spuren, denen man folgen kann. Man muss nicht zwingend durch den Sand, so wie wir…

Dann kommen wir an eine langgezogene, gar nicht allzu steile Sanddüne. Die hat es in sich. Fluffiger tiefer Sand, der auf einer harten Schicht locker aufliegt. Die Düne fällt leicht nach rechts ab, zu einem steilen Abhang hin… Wir versuchen es einige Male, laufen alles mehrfach ab, probieren verschiedene Varianten. Wir kommen nicht durch. Die Situation eskaliert, als Jürgen mit dem Stony einfach zur Seite hin rutscht, dem Abhang entgegen. Keinen Meter können wir so weiterfahren. Wenden ist ausgeschlossen. Unsere Sandbleche kommen zum Einsatz, zum ersten Mal überhaupt. Das klappt. Jürgen kann vorsichtig rückwärts herausfahren. Diese Düne wird unser Meister werden. Wir geben auf, drehen um und suchen uns enttäuscht einen Weg drumherum. Natürlich gibt es eine ganz leichte Schotterpiste in der Ebene. Aber die „Niederlage“ wurmt Jürgen noch eine Weile. Letztendlich haben wir es aber wieder einmal zusammen geschafft. Keiner hat die Nerven verloren. Ruhig und besonnen haben wir agiert. Bis auf erhöhten Puls und dreckige Sandbleche ist nichts passiert. Man muss nicht mit dem Kopf durch die Wand und irgend etwas erzwingen wollen.

Dune Anfahrt

 Eine langgezogene Auffahrt führt zur Düne

Dune1

 Sieht schon ziemlich schräg aus, und der Sand ist "nicht schön", das heißt, weich und tief

Dune2

Wir laufen alles ab, suchen einen Track, aber vergebens. Es ist zu gefährlich weiterzufahren... 

Sandblech

 Es geht nichts mehr, und rechts fällt die Düne immer steiler ab. Das ganze Auto rutscht zur Seite sobald Jürgen etwas Gas gibt. Da helfen nur Sandbleche, und vorsichtig rückwärts heraus manovrieren.

Dune3

  Der Sand ist zu tief und zu weich und die ganze Düne zu schräg. Also fahren wir zurück.

Dune zuruck

Geschafft! Uns beiden fallen etliche Steine vom Herzen. Das hätte auch böse enden können.

Wir finden wieder jede Menge bizarre Felsen, Steinbögen und sandige oder steinige Ebenen. Teilweise geht es richtig zur Sache. Es ist anstrengend, sowohl das Fahren als auch das „nur“ Mitfahren. Deshalb machen wir oft und längere Pausen, beenden unsere Fahrtage eher nachmittags als spät abends. Es ist Anfang Februar. Ende März müssen wir wieder zu Hause sein, unsere Wohnung wieder zurück übernehmen, arbeiten. Also neigt sich unsere Zeit in Saudi-Arabien dem Ende zu…

 Piste1

 Wunderbare Schotterpiste, allerdings voller spitzer Steine

Stony Piste

 

Piste3 

 

Sandpiste1

 Der Weg ist das Ziel, oder...

Steinbogen1

 Dieser tolle Steinbogen ist nur zu Fuß erreichbar. Ganz hinauf kann man nicht fahren.

Steinbogen2

 

steile Piste1 

 Andere steile und ausgewaschene Pisten klettert unser Stony (fast) mühelos hinauf, und hinunter

steile Piste2

 

Stony im Sand

 Im Sand fühlen wir uns definitiv wohl

Stony enger Stein 

 ... und entdecken immer wieder neue tolle Felsen

Stein gekippt 

 

Als wir so sitzen und überlegen, was wir noch machen wollen und wie lange wir dieses Wüstennomadenleben uns zeitlich noch leisten können, entdecken wir einen spitzen Stein, der sich in einen Reifen seitlich hineingebohrt hat. Na toll. Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, wann so etwas passiert. Schließlich nennen wir das hier nicht umsonst Stonyland. Der Stein steckt fest drin, der Reifen verliert ganz leicht Luft. Wir befinden uns immer noch mittendrin in der Wüste, weitab von nennenswerter Zivilisation, und wir sind allein.

Wir beschließen, so nicht weiterzufahren und auch hier in dieser Situation im Sand keine Reifenreparatur selber vorzunehmen. Da wir noch einigermaßen fahren können – Jürgen kontrolliert den Reifendruck ständig – machen wir uns auf den Weg ins nahe gelegene 

Tabuk.

Hier suchen wir zunächst wieder in der auch hier ausgewiesenen Industrial Zone nach einem Händler für LKW Reifen. Diesmal haben wir hier kein Glück, es gibt alles Mögliche, auch einen großen Tiermarkt, aber keine vernünftigen LKW Reifen. Das gibt´s doch nicht, denken wir, fragen uns weiter durch, und finden schließlich etwas weiter außerhalb was wir suchen.

Schnell und geübt reparieren die Jungs unseren Reifen. Nach nicht mal einer halben Stunde ist alles erledigt. Reifen gerettet.

Reifen1

Es war nur eine Frage der Zeit, dass so etwas passiert. Der Stein sitzt fest, der Reifen verliert nur wenig Luft, also fahren wir in die nächste Stadt, ca. 100km 

Reifen2

 Der Reifen wird fachmännisch und schnell geflickt...

Reifen3

 ... montiert,

Reifen4

 ... und wieder aufgezogen

IMG 5206 

Nach nicht mal 20 Minuten ist alles erledigt. Der Preis ist auch ok. 

Von Tabuk ist es ca. 100 km bis zur jordanischen Grenze. Es ist der 8. Februar. In 5 bis 6 Wochen sollten wir zu Hause sein. Sehr schweren Herzens und mit sehr viel Wehmut beschließen wir, nicht noch einmal in die Hisma Wüste zu fahren, die weiteren Tracks nicht zu fahren, sondern uns auf den Weg nach Jordanien zu machen.

Auf Wiedersehen und bis bald, Saudi-Arabien. 

إلى اللقاء (Illa liqaa)

 

Jurgen

 

Drohne3

 

 

 

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